Textatelier
BLOG vom: 12.01.2023

Dr. Hans Viardot: Braunellen, Bäume und Bienen

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim

 


Dr. Hans Viardot vor seinem Gartenhäuschen (Foto Heinz Scholz)
 

Der ehemalige Landarzt und niedergelassener Notarzt Dr. Hans Viardot von Tegernau, der am 15.12.2022 im Alter von 84 Jahren an einem Krebsleiden starb, lernte ich bei diversen Veranstaltungen im Wirtshausmuseum „Krone“ in Tegernau kennen. Im Juli hatte ich noch die Gelegenheit ihn zu besuchen. Er wollte wissen, welche blaue Pflanze in seinem Garten üppig wächst. Diese konnte ich leicht identifizieren, weil ich darüber schon eine Abhandlung geschrieben und auch fotografiert hatte.

 


Braunelle (Brunelle) (Foto Heinz Scholz)
 

„Es gibt wohl im ganzen Landkreis nicht so eine Wiese mit üppigem Wuchs der blauen Pflanze“, sagte Hans Viardot am Telefon und lud mich als freier Mitarbeiter der „Badischen Zeitung“ ein. Eine Besichtigung der vielleicht 15 x 15 m großen Wiese hinter seinem Wohnhaus brachte die Erkenntnis, dass es sich um die Kleine Braunelle (Brunelle) handelt. Der zierliche Lippenblütler gedeiht hierzulande prächtig und gehört in Europa zu den vergessenen Heilpflanzen. Die Pflanze wurde früher als ein Heilmittel gegen die Diphtherie („Halsbräune“ genannt) verwendet. In der Volksheilkunde wurde die Braunelle bei Magen-Darm-Erkrankungen, Entzündungen und Geschwüren in der Mund- und Rachenregion eingesetzt. Neueste Forschungen bestätigen die Heilkraft der Blaublütigen.

Hans Viardot und ich nahmen vor einem Gartenhäuschen Platz und beobachteten das Gewusel der Bienen auf den Blüten. An diesem Tag waren kaum Hummeln zu sehen. Der ehemalige Landarzt, der von 1973 bis 2005 eine Praxis in Tegernau führte, erklärte sich das mit der Hitze. An anderen Tagen habe er mehr als 20 Hummeln auf einer Fläche von etwa einem Quadratmeter gesehen. Man sah es dem kranken Arzt an, wie er sich über die Natur in seinem Garten freute. Besonders schön anzusehen, waren die Schmetterlinge, die hier herumflogen und Nektar saugten. Zu sehen waren Heufalter, Kohlweißlinge, Zitronenfalter, der kleine Fuchs und das Schachbrett (Damenbrett). Hans Viardot bemerkte, dass er auf seiner Wiese keinen Dünger verwendet und nur alle 2 Jahre Kalk gegen den sauren Regen ausstreut. Auch hat er nie den Boden vertikuliert. „Dadurch bleiben Bodenbakterien und Regenwürmer im Boden und auch Moos erhalten.“ Er war stolz auf seine Naturwiese und wurde immer wieder mit einer prächtigen Blumenwiese belohnt.

Hans Viardot war immer ideenreich und ein Naturfreund. Auf einem freien Platz wollte er seine Lieblingspflanze, den Roten Fingerhut (Digitalis purpurea) und besondere Blütenpflanzen aussäen.

 

Geschenk vom Nobelpreisträger
Im Garten oberhalb der Brunellen steht eine prächtige Chilenische Schmucktanne, die zur Praxiseröffnung 1973 gepflanzt wurde. Die Tanne (Andentanne) zählt zu den ältesten lebenden Pflanzenarten. Sie erreicht eine Höhe von 10 bis 18 Metern. Die essbaren Samen ähneln den Mandeln. Die Nadeln des Baumes sind sehr breit, hart und messerscharf.

Neben der Terrasse ist ein interessanter Baum zu sehen. Es handelte sich um eine Metasequoia (Urwaldmammutbaum). Dieser Baum gilt als lebendes Fossil. Der Baum wurde erst 1941 in einer unzulänglichen Bergregion in der Volksrepublik China entdeckt. Vorher waren schon Fossilienfunde bekannt. Das ursprünglich kleine Bäumchen, das von der Insel Mainau stammte, erhielt Hans Viardot in den 70er Jahren vom Nobelpreisträger Prof. Dr. Werner Forßmann (1904 in Berlin geboren, 1979 in Schopfheim gestorben) als Dank. Hans Viardot war mit Prof. Forßmann befreundet und auch sein langjähriger ärztlicher Betreuer. Der Mediziner Forßmann führte 1929 an sich selbst die erste publizierte und über ein Röntgenbild dokumentierte Herzkatheterisierung beim Menschen durch. 1956 erhielt er zusammen mit zwei anderen Medizinern den Nobelpreis für Physiologie und Medizin. Prof. Forßmann war übrigens der erste deutsche Nobelpreisträger nach dem Zweiten Weltkrieg.

 

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